Meinung

Saturn, 90er, PC-Abteilung: Macht eine Inventur Spaß?

Nein, macht sie nicht. Ende. Nächste Folge ... Nein? Na gut.

DIE Horror-Episode dieser Kolumne ist sicherlich die über das Weihnachtsgeschäft. Die Inventur fiel natürlich mitten in eben diese vergnüglichen vier Monate - und bot immerhin einen kleinen Peak 😉

Zur Kolumne "Saturn, 90er, PC-Abteilung"

Inventur, wie man sie sich vielleicht vorstellt und sie irgendwann anno dazumal auch so stattgefunden haben mag: "Wegen Inventur geschlossen"-Schild in der Tür und es wird zwei Tage lang gezählt. Eine Insel der Ruhe im Einzelhandelsalltag.

Inventur, wie ich sie kennengelernt habe: Samstags nach Ladenschluss bis ca. ein, zwei Uhr nachts und weiter am Sonntag bis man eben fertig ist. So eine übliche Weinachtsinventurwoche sah dann so aus: Montags und Mittwochs ab 07:00 Uhr Berufsschule, danach in den Saturn bis ca. 20:30 Uhr. Dienstags, donnerstags, freitags normale Arbeitszeiten von 09:30 Uhr bis 20:30 Uhr - einen Tag davon nur bis 14:00 Uhr. Samstag 09:30 Uhr bis sagen wir mal 01:00 Uhr und am Sonntag vielleicht nochmal fünf, sechs Stunden Zählerei.

So eine lustige Peak-Woche hatte also gut 70 bis 80 Arbeitsstunden - und Dank Sonntagsarbeit hieß das eben auch zwei Wochen durcharbeiten. Und da die ganzen Vorbereitungen zur Inventur schon vorher während des normalen Publikumsverkehrs stattfanden, waren die flankierenden Wochen auch noch ziemlich anstrengend - also anstrengend für eh schon anstrengende Weihnachtswochen ...

Aber wie schon mal erwähnt: Ich war jung und motiviert, es ging irgendwie. Wie sich manche ältere Kollegen da durchgewühlt haben, ohne Perspektive, dass das in ein, zwei Jahren aufhört und besser wird ... Schon beeindruckend, so im Nachhinein.

Die Arbeit

Die Inventur an sich fand ich eigentlich ganz cool. Endlich konnte man mal Ordnung schaffen, obskure Altbestände aus dem System werfen und ein paar Stunden meditativ vor sich hin scannen. Außerdem schweißen Extremsituationen zusammen.

Nachdem ich die Dispo für die Software-Abteilung übernommen hatte, durfte (also durfte ...) ich die "Weiche-Ware-Inventur" auch leiten, sprich meine Kollegen einteilen, Probleme lösen, Ergebnisse zusammenführen und so weiter. Das mag nicht sonderlich spektakulär klingen, aber für mich als Azubi war es schon nett, auch mal ein wenig mit Führungsarbeit spielen zu dürfen!

Selbst das Piepen hat man schnell nicht mehr gehört. Stellt es Euch vor: Zig Tausend Produkte, ein paar Dutzend Scanner - und jeder Scan verursacht ein Piep. Piep. Piep. Piep, Piep, Piep. Pieeeeeeeeeeeeeeeeeeeep - Fehler piepen halt anders 😉 Ansonsten beschreibt das Piep, Piep, Piep auch ganz gut, wie die Arbeit an sich aussah: Etwas stumpfsinnig und redundant, aber gewürzt mit der Notwendigkeit, sich halbwegs zu konzentrieren.

Der Fairness halber: Die Sonntagsarbeit wurde mit einem freien Tag unterhalb der Woche abgegolten - zumindest theoretisch und irgendwann, in der auslaufenden Weihnachtszeit im Januar war natürlich noch Urlaubssperre. Logisch, oder?

Soll auch eigentlich nur heißen: Wenn Ihr das nächste Mal im Juli/August oder eben Dezember/Januar haufenweise obskure Klebezettel im Einzelhandel seht, die auf Inventur hindeuten - habt etwas Verständnis, wenn die Leute noch genervter sind als vielleicht sowieso. Wenn Läden für die Inventur nicht schließen, wird sie entweder im laufenden Betrieb oder nach Feierabend gemacht - und beides ist scheiß anstrengend.

So, nächste Woche geht es endlich wieder an eine sehr sehr gute Erinnerung: Die Palette der Versuchung! Ein Mini-Lehrstück über die menschliche Psyche und unternehmerisches Risiko.

Mirco Lang

Freier Journalist, Exil-Sauerländer, (ziemlich alter) Skateboarder, Dipl.-Inf.-Wirt, Einzelhandelskaufmann, Open-Source-Nerd, Checkmk-Handbuchschreiber. Ex-Saturn'ler, Ex-Data-Becker'ler, Ex-BSI'ler. Computer-Erstkontakt: ca. 1982 - der C64 des großen Bruders eines Freunds. Wenn Ihr hier mehr über Open Source, Linux und Bastelkram lesen und Tutonaut unterstützen möchtet: Über Kaffeesponsoring via Paypal.freue ich mich immer. Schon mal im Voraus: Danke! Nicht verpassen: cli.help und VoltAmpereWatt.de. Neu: Mastodon

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